Gastronomie-Kennzahlen kennen und richtig bewerten
Kennzahlen anschauen, Prozesse optimieren, auf Veränderungen einstellen – diese Leitsätze hört und liest man seit der Krise überall. Aber was bedeutet das konkret für den eigenen Betrieb? Tatsächlich gibt es dafür keine allgemeingültige Lösung. Jeder Gastronom muss dafür seinen eigenen Weg finden. Den richtigen Ansatz für den eigenen Betrieb kann man über zwei Fragen finden: Welche Kennzahlen sind zu beachten und welche Ziele sollen erreicht werden?
Die Wahl geeigneter Kennzahlen
An Kennzahlen steht eine große Auswahl zur Verfügung. Eine einfache Antwort darauf, welche im eigenen Betrieb regelmäßig ausgewertet werden sollten, gibt es leider nicht – das Ganze hängt hauptsächlich davon ab, was erreicht werden soll. Geht es darum, den Umsatz zu steigern? Oder steht der Gewinn im Fokus? Erst wenn man sich darüber klar geworden ist, kann man „seine“ Schlüssel-Kennzahlen bestimmen.
Auch wenn für viele Gastronomen die Analyse von Geschäftszahlen eher zu den ungeliebten Aufgaben zählt, so gilt es spätestens jetzt, sich einen Überblick über die Situation des Betriebes und die Kosten zu machen. Die Geschäftszahlen müssen sowohl auf einzelne Monate bezogen als auch für eine ganzjährige Perspektive erarbeitet werden. Wie viel Liquidität ist vorhanden? Was ist zu tun, um längerfristig liquide zu bleiben? Das Konzept und die Abläufe im Betrieb müssen einer kritischen Analyse unterzogen werden.
Kennzahlen-Beispiele
Bei der Festlegung der maßgeblichen Zahlen ist der Gastronom weitgehend frei. Trotzdem gibt es natürlich Zahlen, die besonders häufig Verwendung finden. Hier eine Auswahl:
- Umsatz je Öffnungstag: Dieser Wert ist ganz einfach zu ermitteln: Der Gesamtumsatz (Wichtig: Immer netto!) z. B. eines Monats, geteilt durch die Öffnungstage. Gewiss keine spektakuläre Kennzahl, aber wichtig, um die Produktivität des Geschäftes über den Zeitverlauf im Blick zu behalten.
- Umsatz je Gast: Der Gesamtumsatz durch Anzahl der bewirteten Gäste; ggf. getrennt nach Speisen- und Getränkeumsatz. Eine wichtige Zahl, die zeigt, wie viel jeder Gast in die Kasse bringt. Ein Weg zum Steigern dieser Zahl ist der Verkauf von mehr oder teureren Speisen und Getränken wie etwa Aperitifs, Desserts, Digestifs usw. Hier hilft es, die Mitarbeiter im Verkaufen zu schulen und attraktive Kommunikationsmaßnahmen, z. B. Tischaufsteller und Co., zu gestalten.
- Umsatz je Mitarbeiter: Ebenfalls eine einfache Kennzahl; der Gesamtumsatz wird durch die Zahl der Mitarbeiter geteilt. Die Durchschnittswerte für diese Kennzahl sind natürlich abhängig von der Art des Betriebes. Im Restaurantbetrieb liegen sie üblicherweise niedriger als im Buffet- bzw. Bankettbetrieb. Für einen Imbiss oder ein Schnellrestaurant gelten ebenfalls deutlich andere Werte. Dabei ist die Mitarbeiterzahl richtig anzusetzen: Vollzeitkräfte zählen als je “1”, Halbzeitkräfte als je “0,5” Mitarbeiter, usw.
- Wareneinsatz gesamt: Der Warenverbrauch geteilt durch den Umsatz; dieser Wert sollte 30 Prozent möglichst nicht überschreiten. Zusammen mit den Personalkosten gilt die Faustregel: die Summe aus Wareneinsatz und Personalkosten sollte nicht größer als 60 Prozent vom Gesamtumsatz sein. Für die Bestimmung wird der Warenverbrauch benötigt. Den bekommt man entweder durch eine Warenbestandskontrolle der POS-Software oder man ermittelt ihn von Hand: Summe aller Einkäufe, z. B. einer Woche, plus Lagerbestand zu Beginn der Woche, minus Bestand zum Ende.
- Wareneinsatz je Gast: Der Warenverbrauch, z. B. im Monat, geteilt durch die Anzahl der Gäste im selben Zeitraum. Damit behält man die Kosten-Effizienz der Küche im Blick. Das Ziel dabei sollte gutes Haushalten sein. Keinesfalls sollte es dazu führen „am Gast zu sparen“.
- Personalkosten insgesamt errechnen sich aus Gesamtkosten für das Personal, geteilt durch den Gesamtumsatz. Die Personalkosten sollten mit dem Wareneinsatz im Verhältnis stehen: Wer vergleichsweise hohe Wareneinsätze hat, z. B. weil viele Speisen teilvorbereitet eingekauft werden, sollte mit weniger Personalkosten auskommen und umgekehrt.
- Personalkosten je Gast: Die Gesamtpersonalkosten geteilt durch die Anzahl der Gäste. Ähnlich wie der Wareneinsatz je Gast ist dieser Wert vor allem im Zeitreihenvergleich interessant.
Ausreichend Gewinn bei geringerem Umsatz
In vielen Fällen gelingt es in schwierigen Situationen, wie wir sie gerade erlebt haben, auch mit weniger Umsatz langfristig wirtschaftlich zu arbeiten. Entscheidend für die nächste Zeit ist, einerseits die laufenden Kosten zu senken und andererseits möglichst viele Chancen zu nutzen, um Umsatz zu machen. Wenn es gelingt, die Betriebs- und Produktionszeiten geschickt zu reduzieren, können variable Kosten wie Strom- und Wasserkosten gesenkt werden. Öffnungszeiten und Abläufe sollten dazu geprüft und ggfs. angepasst werden.
Ohne an Qualität und Service-Orientierung zu sparen, sollte man prüfen, wie viele Tische eine einzelne Servicekraft bedienen kann. Eventuell ist es möglich, mit weniger Personal pro Schicht auszukommen. Investition in neue Technik kann helfen, dauerhaft Arbeitsstunden einzusparen. Mit Tablet-PCs für die Bestellannahme am Tisch, mit vollautomatischen Kaffeemaschinen oder mit Poliermaschinen lassen sich nach der Krise höhere Gewinne erwirtschaften.
Jede Kennzahl muss individuell bewertet werden
Auch wenn man alle relevanten Kennzahlen erfasst hat, wird das Geschäft nicht unbedingt besser. Es kommt darauf an, welche Erkenntnisse aus den Zahlen gezogen und welche Maßnahmen zur Verbesserung daraus abgeleitet werden. Mit den Kennzahlen kann man sowohl langfristige Trends verfolgen als auch kurzfristig herausfinden, was gut und weniger gut lief und darauf reagieren.
Kennzahlen sollten nicht nur als Warnsystem genutzt werden. Viele Zahlen lassen sich auch zur Erfolgskontrolle und als Motivator für sich selbst und das ganze Team einsetzen. Viele Gastronomen kommunizieren ihre Kennzahlen nicht – aus Angst, die Mitarbeiter könnten auf Gehaltserhöhungen drängen, wenn es gut läuft oder besorgt reagieren, wenn die Zahlen nicht stimmen. Dabei hilft mehr Transparenz dabei, dass sich das Team auch wirklich mit dem Unternehmen identifiziert. Mit Kennzahlen lassen sich gemeinsam hohe Ziele erreichen und Widerstände ausräumen, wenn es mal weniger gut läuft.
Mit vorhandenen Kennzahlen starten, dann die Analyse schrittweise ausbauen
Der Erfolgsfaktor des Kennzahlensystems ist, dass die Kennzahlen regelmäßig und vollständig ermittelt und analysiert werden. Man braucht aber keinen kompletten Kennzahlenkatalog für den Start. Wichtig ist, überhaupt anzufangen. Sobald die ersten Werte vorliegen, kann man daraus Vorgaben erstellen. Diese Vorgaben werden dann über einige Zeit verglichen und Ziele gesetzt. Vielleicht kann man die eigenen Kennzahlen auch mit denen befreundeter Gastronomen vergleichen. Dieses Beurteilen der Werte ist der Kern der ganzen Kennzahlen-Thematik. Dabei hilft ein Kennzahlenkatalog mit Angaben zu typischen Grenzwerten, die nötigen Schlüsse zu ziehen.
Veränderungen durch Corona beachten
Inzwischen wissen wir, dass die gegenwärtige Krise das Verhalten der Menschen und auch viele Rahmenbedingungen deutlich verändert hat. Das ist deshalb auch bei der Bewertung von Kennzahlen zu berücksichtigen. Gastronomen sollten nicht zu knapp kalkulieren. Empfohlen wird, über eine Erhöhung der Preise und Gebühren für No-Shows nachzudenken, denn die Warenkosten steigen bereits und werden voraussichtlich noch weiter steigen; zugleich müssen Tische aufgrund der geforderten Abstandsregeln mehrfach belegt werden, sodass bereits bei der Reservierung eine kürzere Verweildauer festgelegt werden sollte. Auch der Personalaufwand pro Gast steigt durch die erhöhten Hygieneanforderungen.
Resümee
Aufgrund der weiterhin bestehenden Einschränkungen ist es wichtig, den Kennzahlen besondere Beachtung zu schenken. Dabei sollten Öffnungszeiten, Personaleinsatz, Wareneinsatz und Verkaufspreise zukunftsfähig angepasst werden. Aufwändige Gerichte, die viel Vorbereitungszeit erfordern, sollten von der Karte verschwinden, um die Effizienz der Küche zu steigern. Beschränkung der Verweildauer am Tisch für Mehrfachbelegung wird sich zum Standard entwickeln.
Die Kennzahlen sollten regelmäßig ermittelt und mit dem ganzen Team geteilt werden, um so Transparenz zu schaffen und die Motivation der Mitarbeiter zu steigern.
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