Solidarische Krisenlösungen für Gastronomen

Innerhalb kürzester Zeit wurden diverse Hilfsaktionen gestartet, um Gastronomen vor der Corona-bedingten Pleite zu bewahren. Liquidität aus der Crowd ergänzt staatliche Finanzhilfe.

Photo by Nick Fewings on Unsplash

Seit der Zwangsschließung ihrer Betriebe kämpfen Gastronomen bundesweit ums Überleben. Keine Kundschaft mehr, aber weiterhin laufende Kosten. Kreative Alternativ-Einkommensquellen und die teilweise bereits angelaufenen staatlichen Finanzhilfen werden aber nicht ausreichen, das Gros der Etablissements vor dem Ruin zu bewahren. Wer kann helfen? Die Crowd!

„Flatten the curve” mit vereinten Kräften

Nicht nur Stammkunden, sondern jeder, der gerne essen oder trinken geht. „Stell Dir vor, die Coronakrise ist vorbei und alles bleibt zu!”. Dieses Szenario ist nicht nur für Gastronomen ein Albtraum, sondern auch für deren Kundschaft. Deswegen sind viele bereit, ihr Lieblingslokal oder -Viertel finanziell zu unterstützen. „Flatten the curve” lautet das Motto der Stunde – um existenzbedrohte Betriebe zu retten und die kulinarische Vielfalt zu erhalten. So wurden innerhalb kürzester Zeit diverse Unterstützungsplattformen, Hilfskampagnen und private Spenden-Crowdfunding-Kampagnen erstellt – regional wie überregional.

Gutschein-Verkauf für die Zeit nach Corona

Mehrere Plattformen bieten bereits kulinarische Investitionen in die Zukunft, indem sie Gutscheine verkaufen, die in Post-Corona-Zeiten eingelöst werden können. So haben vier Hamburger aus der Foodbranche die Plattform #PayNowEatLater als gemeinnütziges Projekt gegründet, um bundesweit Gastronomen und Einzelhändler vor dem drohenden Aus zu retten. Über die Plattform supportgastro.com können Gutscheine für die Berliner Gastroszene gekauft werden. Außerdem listet die Website Betriebe auf, deren Essen auch in Corona-Zeiten genossen werden kann. Auch helfen.berlin, der Webseite einer Gruppe von „Herzblut”-Berlinern, können Berliner Lokale, Bars und Clubs Gutscheine anbieten. „Es geht darum, dass wir gemeinsam unsere Lieblingsorte vor der Insolvenz retten, indem wir ihnen jetzt das Geld zur Verfügung stellen, was wir sowieso in den nächsten Monaten bei ihnen ausgeben werden”, heißt es auf der Webseite. Auf allen Plattformen können betroffene Gastronomiebetreiber ihr Lokal selbst anmelden.

Spenden via Schwarmfinanzierung

Doch selbst ohne konkreten Gegenwert sind die Menschen bereit, Geld für die Gastroszene ihrer Stadt locker zu machen. Um die kulinarische Vielfalt ihres Viertels zu bewahren und auf diese Weise großen Gastro-Ketten Einhalt zu gebieten. Auf diversen Crowdfunding-Plattformen haben Gastronomen, Stammkunden oder andere private Unterstützergruppen Spendenaufrufe gestartet. Hierbei soll die Crowd, auf deutsch Menschenmenge, mit individuellen Kleinsummen gemeinsam ein vorab gesetztes Finanzierungsziel zusammentragen.

Im Durchschnitt sind dies um die 5.000 Euro, die bei vielen Kampagnen auf der Crowdfunding-Plattform betterplace.me bereits schon fast erreicht sind. So wollen Stammgäste in Göttingen und Wiesbaden den Gründern ihrer Lieblingslocation helfen, ihren Traum weiterzuleben während ein Hannoveraner Gastwirt sich mit einem Spendenaufruf direkt an seine Kunden wendet. In Westfalen bietet ein Fußballfan virtuelles Stadionbier und Bratwurst seines Lieblingsvereins während sich in Hannover zwei Freunde zusammengetan haben, um die gastronomische Vielfalt einer ganzen Stadt zu bewahren.

Die Crowdfunding-Plattform Startnext hat sogar eine große Corona Hilfsaktion mit einem Volumen von 100.000 Euro gestartet, bei welcher die Transaktionsgebühren komplett erstattet und das „Alles-oder-Nichts-Prinzip” ausgesetzt wird. Normalerweise werden bei Nichterreichung des Finanzierungsziels die Unterstützerbeträge zurückerstattet. Auch die Crowdinvesting-Plattform CONDA bietet Corona-betroffenen Unternehmen die Kampagnenerstellung zu Selbstkosten (drei Prozent der Finanzierungssumme). Neben hilfreichen Tipps für eine erfolgversprechende Kampagnenerstellung listet die unabhängige Informationsplattform crowdfunding.de diverse Hilfsprojekte für Corona-gebeutelte Branchen auf. Auch auf den Plattformen gofundme und Kickstarter können Liquiditätsengpässe von Gastronomen in der Corona-Krise abgefedert werden.

Solidarische Aktionen der Kitchen Guerilla

Die Hamburger Köche-Community Kitchen Guerilla beschäftigt neben der Frage, wie gastronomische Existenzen gerettet werden können noch ein weiteres Thema: Wie kann anderen Menschen geholfen werden?Dabei ist man auf zwei nachahmenswerte Ideen gekommen, die bereits mit vereinten Kräften umgesetzt werden. So bietet die Aktion #KochenFürHelden eine kostenlose Verpflegung für Menschen in Funktionsberufen ohne Homeoffice-Option wie Ärzten, Pflegern, Supermarktpersonal und Feuerwehrleuten. Schließlich gilt es ganze Kühlhäuser leer zu kochen plus große Mengen angestauter Ware, welche den Kitchen Guerilla Köchen und Caterern von Großmärkten und Lieferanten gratis zur Verfügung gestellt wird. „Kochen mit der Bazooka!”, heißt es auf der Aktionsseite. Unter der Mail kfh@kitchenguerilla.com kann die Verpflegung angefragt werden, erste Kooperationen mit Ärzte- und Krankenhäusern sind bereits angelaufen.

Das Kitchen Guerilla Konzept #SoliKüche stellt mit Unterstützung solidarischer Kunden Wohnungslosen und Bedürftigen einzeln verpackte Essens-Pakete kostenlos zur Verfügung. Damit die gerade erst gegründete Kocheinheit und Kreativagentur zumindest noch einige ihrer Mitarbeiter beschäftigen kann, gibt es diese Essens-Pakete, bestehend aus einer vollwertigen Mahlzeit inklusive frischem Obst, jetzt auch käuflich zu erwerben. Ein kleiner Betrag vom Verkaufspreis geht direkt an die Kitchen Guerilla, zur Existenzsicherung und dem Erhalt von Arbeitsplätzen. Lieferanten mit unverkäuflichen Produkten in den Lagern werden hierfür gerne Lebensmittel abgenommen – es sei denn diese würden ansonsten an die Tafel Deutschland e.V. gehen.

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